Joaquín Sabina

Erinnerung an ein unvergeßliches Konzert

Es ist das Jahr 2000. Wir sind auf Mallorca im Sommerurlaub, da lesen wir in der Zeitung, daß Joaquín Sabina ein Freiluftkonzert in Felanitx geben wird, zum Preis von 2.500 Peseten, das entspricht etwa 15 Euro (!). Nichts wie hin, denn wir kennen Sabina schon von CDs, ein Jahr vorher war sein Meisterwerk „19 dias y 500 noches“ erschienen.
Was uns aber erwarten wird, können wir uns in kühnsten Träumen nicht ausdenken…

Mittwoch der 23. August, wir machen uns auf den Weg. Felanitx ist ein wunderschöner kleiner Ort im Südosten der Insel, ca. 10 km von der Küste entfernt. Jedes Jahr im August findet dort ein vielseitiges Kulturprogramm statt.

Als wir dort ankommen, wundern wir uns, daß viele der kleinen Straßen gesperrt sind. In Windeseile haben die Bewohner Tische und Stühle auf die Straße gestellt, trinken Wein und machen sich’s gemütlich. Sind halt Lebenskünstler, die Spanier, und genießen können sie auch.

Dann erreichen wir den Stadtpark, in dem das Konzert stattfindet, und nun wissen wir, warum die Straßen gesperrt wurden: die vielen Trucks für den Bühnenaufbau haben die Wege verstellt.
Der Stadtpark entpuppt sich als Vergnügungspark, mit Schießbuden, Ständen für Süßigkeiten und einem kleinen Café.


An einer Seite des Parks ist eine gigantische Bühne aufgebaut, wie ein nachgebauter Bahnhof, mit riesiger Uhr, mit Schaltern, Sitzbänken und Laternen, die ganze Bühne ist übersät mit Koffern und anderem Gepäck.



Wir stehen ziemlich weit vorne, sind umringt von freudigen jungen Leuten und umgeben vom Geruch vieler Joints. In Spanien wurde, zumindest damals, noch sehr viel geraucht.
Das Konzert beginnt. Sabina hat eine formidable Band dabei. Manchmal singt er solo und wirkt dann wie Bob Dylan oder Leonard Cohen, aber in den eher rockigen Songs ist er wie ein spanischer Bruce Springsteen.
Das Publikum kennt jedes Lied in- und auswendig, singt fast jede Zeile mit. Ein unglaublich vielseitiges und abwechslungsreiches Konzert, eine faszinierende Bühnenshow. Unvergeßlich, wir haben Ganzkörpergänsehaut.
Nach etwa drei Stunden sind wir total geschafft. Wir gehen zum Auto, das wir am Ortsrand geparkt haben, schließlich müssen wir noch heimfahren. Sabinas Lieder klingen immer noch durch die samtweiche Sommernacht. Unglaublich, der singt immer noch…


In unserem Feriendomizil angekommen lassen wir die Nacht mit Rotwein ausklingen, lassen unsere Seelen auszittern. Denn wir sind überwältigt und beglückt, solch ein Ereignis miterlebt zu haben. Und wir spüren gleichzeitig, was uns in Deutschland fehlt: solche Künstler. Künstler, die Idole sind, Integrationsfiguren, generationen- und völkerverbindend.
Sabina ist auch in Argentinien ein Superstar, dort hat er viele goldene Schallplatten erzielt und tolle Konzerte gegeben. Im Laufe seiner Karriere hat er seit 1987 zweiundzwanzig Alben veröffentlicht, fünf Millionen Tonträger verkauft, über 70 Platin-Auszeichnungen bekommen!

Dann der Schock: ein Jahr später, wieder auf Mallorca, lesen wir in der Zeitung, daß Sabina einen Schlaganfall erlitten hat, mit 52 Jahren. Wir machen uns große Sorgen. Doch welche Freude – nach einer kurzen Erholungsphase kehrt er wieder auf die Bühnen zurück.

Noch heute, im Jahr 2019, ist Joaquín Sabina aktiv, und er ist nach wie vor eine der wichtigsten Persönlichkeiten der spanischsprachigen Musikszene.

Verfaßt von Gerhard Rühl am 12. Februar 2019, anläßlich des 70. Geburtstags von Joaquín Sabina.

Feliz cumple, Joaquin, y gracias.
Danke für großartige Musik, die uns schon so lange begleitet!


Und hier ist eine Liste meiner Lieblingssongs und –videos:

  19 dias y 500 noches
Sabinas bekanntestes Lied in einer Liveaufnahme von 2015 aus Buenos Aires
https://www.youtube.com/watch?v=cmmJ1uiRiUM

und hier das offizielle Video mit „mucho Flamenco“
https://www.youtube.com/watch?v=qahBeZB1g54


  Ruido
ein Lied über die zunehmende Lärmverschmutzung
https://www.youtube.com/watch?v=n2gimPr5hq8

  Nos sobran los motivos
dieses Video wurde aus verschiedenen Bühnenshows zusammengeschnitten und zeigt Sabinas Vielseitigkeit
https://www.youtube.com/watch?v=aP_VVETbM8U&list=PLJIVz4eeBamCFhcgaD4hAucfjpaYBfxEM&index=8

Por el bulevard de los sueños rotos
Ein sehr nachdenkliches Lied (und ebensolches Video)  – und eine Hommage an die große mexikanische Sängerin Chavela Vargas
https://www.youtube.com/watch?v=fyWjmlMK8Qg

Y sin embargo te quiero
Aufgenommen 2015 in Buenos Aires – achtet darauf, wie das Publikum am Ende mitsingt
https://www.youtube.com/watch?v=rVmiP7fF71A

  Calle melancolia
Aufgenommen mit Joan Manuel Serrat, einem weiteren großen spanischen Sänger. Das Publikum singt mit und beweist, daß solche Songs längst „Volksgut“ geworden sind:
https://www.youtube.com/watch?v=5x7rRcdkSWQ

Una canción para Magdalena
Was für ein schönes Lied, hier aufgenommen live 2002, mit Olga Román
https://www.youtube.com/watch?v=3OUVFQ7n3zI

als krönender Abschluß
  Peces de Ciudad
Mein absolutes Lieblingslied von Joaquín Sabina, Gänsehaut. Gibt es auch in einer sehr schönen Version von Ana Belén.
https://www.youtube.com/watch?v=kX1xubB7xao


Das waren nur einige von den vielen tollen Songs von Joaquín Sabina.
Wenn Ihr noch mehr sehen wollt, schaut Euch auf YouTube die Mitschnitte aus Buenos Aires an…
Gerhard Rühl


Leave a Comment